Unsere Basis – das Mittelalter


Das Mittelalter wird geradezu reflexartig mit dem Attribut „dunkel“ in Verbindung gebracht, denn vieles aus der Zeit kommt uns fremd vor. Gleichzeitig erfreuen sich Mittelaltermärkte, Ritterspiele, und Minnegesänge großer Beliebtheit. Offenbar war doch nicht alles nur dunkel.

Doch, was ist überhaupt das Mittelalter? Der österreichische Historiker Valentin Groebner hat eine überraschende Antwort parat: „Das Mittelalter ist keine Epoche, sondern ein Gefühl. Und zwar ein modernes“.

Natürlich haben sich die Menschen, die zwischen dem 5. und dem 15. Jahrhundert gelebt haben, nicht als „mittelalterlich“ betrachtet; es ist einfach der Sammelbegriff für die Epoche, die zwischen der Antike und dem, was wir Neuzeit nennen, liegt.

Ebenso wenig wie ein einheitliches Bewusstsein gibt es einen klaren Beginn. Folgende Ereignisse können als Meilensteine auf dem Weg ins Mittelalter betrachtet werden:

 

313           Das Mailänder Toleranzedikt, es bedeutete die‚Legalisierung’
                  des Christentums durch Kaiser Konstantin. Gleichzeitig begann
                  der Bau der Lateransbasilika, dem offiziellen Sitz der Päpste.

395           Das Christentum wird unter Kaiser Theodosius Staatsreligion

476           Der Untergang Westroms durch Absetzung des letzten
                  Kaisers Romulus Augustus

529           Die Schließung der der Akademie der Philosophie von Athen,
                  gleichzeitig Bau des ersten Klosters durch Benedikt,
                  der maßgeblich Papst Gregor I. (590 – 604) beeinflusste.

Seit 636   Die Eroberung Nordafrikas durch muslimische Araber,
                  die eine Teilung des zuvor kulturell relativ

                  homogenen Mittelmeeraumes bedeutete.

 

Die tragenden Säulen der mittelalterlichen Gesellschaft waren:

 

- die Oratores (Betende)

- die Laboratores (Arbeitende)

- die Bellatores (Kämpfende)

 

Dazu kamen ab 11./12. Jahrhundert
die zunächst wenig geschätzten Kaufleute

 

Im Spätmittelalter ab 1250 setzte ein tiefgreifender gesellschaftlicher Wandel in Europa ein, der schließlich die Neuzeit ermöglichte, eine Zeitenwende in der Entwicklung der Menschheit. Die landwirtschaftliche Produktion verbesserte sich, die Bevölkerungszahl stieg deutlich an, dadurch weitete sich der Handel aus und immer mehr Städte entstanden, die schließlich die Herrschaft von Papst, Kaiser und Adel herausforderten.

Mit dem Übergang zur Neuzeit begann der Mensch das Diesseits zu entdecken und damit sich selbst, seine Individualität. Er war überzeugt, mit Hilfe der Wissenschaft alle Geheimnisse der Natur ergründen zu können. Insofern war diese Epoche das Tor zur modernen Welt, denn sie leitete ein, was unser heutiges Dasein prägt. Zu den wichtigsten Schritten zählten:

 

-  Der Buchdruck markierte den Beginn der modernen Kommunikation;

-  die Entdeckung, Unterwerfung und Ausbeutung fremder Kontinente brachte ungeheuere Reichtümer nach Europa, die wiederum die Basis für die industrielle Revolution bildeten;

-  Die Reformation erschütterte die Macht der Kirche, die mehr als ein             Jahrtausend das Leben in Europa bestimmt hat;

-  Die Etablierung des heliozentrischen Weltbilds relativierte die Bedeutung der Erde und der Menschheit als Zentrum der Schöpfung;

- Das Bewusstsein eines mit unveräußerlichen Rechten ausgestatteten Individuums nahm Gestalt an und ebnete den Weg zur Aufklärung.

 

Mein frühes Interesse an der Geschichte findet Ausdruck in einem Roman aus dem Großen Bauernkrieg von 1525, der den Übergang vom Mittealter zur Neuzeit markiert. Ich habe der einzig bekannten Frau aus dem Bauernkrieg, Margarethe Renner, due sog. Schwarzen Hofmännin damit ein Denkmal gesetzt. In alten Überlieferungen wird sie als brutal und skrupellos dargestellt. Sie gehörte zum Heilbronner Haufen und hat an der entscheidenden Schlacht bei Böblingen am 12. Mai 1525 teilgenommen.

 

Die neue Forschung zeichnet ein viel positiveres Bild von Margarethe Renner. Dies bildet die Basis für meinen Roman. Darin begegnet dem Leser eine Frau, die sich schon früh für Kräuter und Heilkunst interessiert hat. Dazu kamen ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und Mut, was in ihrer Zeit nicht immer ratsam war; schon gar nicht für eine Frau. Doch während die Hoffnungen der Bauern durch Uneinigkeit und Gutgläubigkeit von den Herren zerstört wurden, eröffneten sich für Margarethe Renner unerwartete Perspektiven.
Margarethe Renner war eine faszinierende Persönlichkeit, die vor knapp 500 Jahren ihre eigenen Wege gegangen ist und sehr zu Unrecht vergessen oder dämonisiert wurde.

 

Lassen Sie sich auf sie ein!